Die Entscheidung fiel uns leicht. Ende April sassen wir beim dampfenden Kaffee in unserem Lieblingscafe. Ich blätterte in einer Zeitschrift über Reiseziele in Italien und schwärmte beim Anblick der grünen Hügel und kleinen Städtchen in der Toscana. Bill meinte so nebenbei: "Wir könnten dort ein Jahr lang leben und reisen". Der Gedanke verwandelte sich schnell in einen Plan, und nur dreissig Minuten spaeter fassten wir den Entschluss, für eine Weile dem Alltag zu entfliehen.
Bill sehnte sich schon seit langem nach einer Veränderung. Der Erfolg der letzten sechs Jahre hatte uns ein angenehmes Leben in Chicago beschehrt. Doch die vielen Geschäftsreisen und der ewige Ärger mit Kunden und Angestellten zehrte nun täglich an seinen Kräften. Es war an der Zeit, die Früchte der harten Arbeit zu ernten und selbst zu geniessen. Ich würde im August mein Studium beenden. Unsere Wohnung könnten wir mit grossem Gewinn verkaufen. Ohne Kinder, ohne Verantwortung, gesung und abenteuerlustig, die nötigen Finanzen verfügbar -- dies schien der perfekte Zeitpunkt für ein solches Unternehmen. Bill fragte mich nochmals: "Willst Du das wirklich mit mir machen"? Kann man solch' eine Einladung ablehnen? Sicher würde sich eine solche Gelegenheit nie wieder ergeben. Wir waren sofort aus dem Häuschen. So ganz aus dem Häuschen könnten wir gegen Ende September sein.
Bill sollte an diesem Morgen in ein kleineres Büro umziehen. Er rief sofort seinen Vermieter an und fragte nach der Möglichkeit, den Mietvertrag auf 6-Monate zu verkürzen. Kein Problem! Die Vorbereitungen hatten begonnen.
Wir brauchten auf alle Fälle ein paar Monate, um eine solche Reise zu organisieren und den persoenlichen und beruflichen Alltag in Chicago abzuschliessen. Unsere Wohnung musste verkauft werden, Hotels und Touren reserviert werden, Versicherungen mussten abgeschlossen werden, eine Reiseausrüstung gekauft werden ... Die Liste wird sicher zu langweilig. Bill musste seine Geschäfte abschliessen, sämtliche Zahlungen eintreiben, Steuern bezahlen, die finanziellen Verrichtungen mit unserem Steuerberater regeln. Wir brauchten Kreditkarten mit Internet-Kontoauszügen. Wir haben einen Sony Viao Picturebook Computer gekauft, um mit Freunden und Familie sowie Banken und unserem Steuerberater via Internet in Verbindung zu bleiben. Eine kleine eingebaute digitale Kamera erlaubt uns, unsere Website mit Bildern zu bestücken.
Heute ist der 4.10. 1999. Der Stress der letzten Wochen, inklusive vieler schlaflose Nächte, zehrt noch immer an unseren Kräften. Doch nun sind wir rundum startbereit und beginnen uns zu entspannen. Das gesamte Besitztum ist eingelagert, die Wohnung verkauft, die Konten sind eingerichtet und aufgefuellt, unsere drei Taschen gepackt, sämtliche Reiseuntensilien gekauft ... selbst Testamente haben wir unterschrieben. Das Leben ohne Verantwortung kann beginnen. Die Aufregung steigt mit jeder Minute. In nur wenigen Tagen werden wir im Flugzeug nach Neuseeland sitzen und den Sektkorken knallen lassen!