Die Skyline von Hong Kong Island scheint in den Hafen zu fallen, die steile Gebirskette dahinter das Häusermeer ins Wasser zu schieben. Der schmale Streifen zwischen Bergen und Bucht erlaubt kaum Platz zum Atmen. Wir waren überrascht, trotzdem harmonische, sogar grüne Luftlöcher zu entdecken. Die Architekten der Skyscraperlandschaft haben überall kleine Parks, bepflanzte Terassen und interessante Springbrunnen integriert. Die Glassfasaden geben den Hochhäusern eine gewisse Leichtigkeit und reflektieren deren Umgebung. Hong Kong präsentiert eine erstaunliche Vielfalt von faszinierenden modernen Gebäuden. Die chinesiche Machtübernahme hat Hong Kong's Geschäftigkeit, wirtschafliche Bedeutung und den ständigen Neubau bisher nicht negativ beeinflusst. Die Stadt wächst in die Höhe und Breite, in Zahlen und Investitionen. Seit Jahren plannten wir, diese gigantische Metropole kennenlernen!
Hong Kong empfängt seine Gäste im supermodernen neuen Flughafen. Der riesige Komplex wurde auf eine Insel gebaut, welche dafür von Bergen "befreit" und vergrössert wurde. Eine luxuriöse Schnellbahn verbindet den Flughafen mit der Innenstadt. Bahn und Autoverkehr führen über die grösste Hängebrücke der Welt. Eine schnelle, ruhige Bahnfahrt brachte uns zum Hotel in Kowloon.
Ein erstklassiges Netz öffentlicher Verkehrsmittel erlaubte uns, Hong Kong problemlos und billig zu bereisen. Die U-Bahn hielt nur wenige Meter von unserem Hotel. Ein Spaziergang entlang der Einkaufsstrasse Nathan Road führte zum Hafengelände und der Kowloon Promenade. Die berühmte Star Ferry (Fähre, Bild rechts) verbindet Kowloon (im Bild ganz oben auf der linken Seite) mit Hong Kong Island, der Hochhausinsel.
Wir verbrachten den ersten Tag mit langen Spaziergängen durch das Häusermeer und den Botanischen Garten. Ein kleiner Zoo beherbergt vom Aussterben bedrohte Affen, Vögel und Wildkatzen. Die lautstarken Gibbons und die farbenfreudigen exotischen Vögel begeisterten uns für längere Zeit. Später wanderten wir wieder bergab ins Geschäftszentrum, um dann mit der längsten Rolltreppe der Welt (ca. 2 km) in die höher gelegenen Wohngebiete zu fahren. Der nächste Tag verging mit Besuchen eines endlosen Shoppingzentrums und des Hong Kong Kunstmuseums. Zuerst bestaunten wir das unfassbare Warenangebot, danach die Kunstwerke der alten chinesischen Dynastien.
Eine asiatische Stadt lebt und bebt in den lauten, überfüllten Strassen. Riesige Neonreklameschilder schweben über den hupenden Autos, Fahrradkutschen und eiligen Menschenmassen. Die überladenen Zelte der bunten Strassenmärkte wechseln sich mit winzigen Geschäftchen entlang der Fusswege ab. Die Warenmenge entspricht der Einwohnerzahl. Halbe Schweine, ganze Enten und Hühnerkrallen hängen am Haken neben der Strasse oder werden im Fahrradkorb transportiert. Getrocknete Fische und andere Meerestiere stehen säckeweise zur Verfügung und verbreiten einen üblen Geruch. Das preiswertere Speisenangebot schien ungeniessbar. Wir mussten entweder in teuere Restaurant einkehren oder auf eine Mahlzeit verzichten.
Hong Kong Park, eine hübsche Oase inmitten der höchsten Gebäude, wimmelte von frischverheirateten Paaren und deren Fotografen. Die Wasserfälle, Palmen und blühenden Sträucher eigneten sich als Kulissen. Später entdeckten wir das Standesamt neben dem zweiten Parkeingang. In der Anlage befindet sich ausserdem das Tee Museum. Dort konnten wir nicht nur uraltes chinesisches Teegeschirr bewundern, sondern auch mehr über die Traditionen der Teezeremonie erfahren. Am nächsten Tag besuchten wir den Blumen- und Vogelmarkt. Die meisten Vögel wurden in grossen Mengen in winzigen Käfigen aufbewahrt. Selbst Spatzen, Finken und riesige Heuschrecken werden zum Kauf angeboten. Die verschiedenen Papageienarten zeigten die typischen, durch Gefangenschaft bedingten Ticks. Nachdem wir diese Vogelarten in Australien in freier Natur erleben konnten, war dieser Anblick geradezu alarmierend. Einen der handgearbeiteten Holzkäfige hätten wir ohne die Bewohner gern mitgenommen. Am Nachmittag begrüssten wir unsere Freundin Chris. Nach den Tagen in Hong Kong haben wir gemeinsam Peking und Thailand besucht. Es war uns eine Freude, diese Eindrücke mit ihr zu teilen!
Am Morgen fuhren wir zu den Tiger Balm Gardens, einem Unterhaltungspark ganz anderer Art. Ein bekannter Millionär hat die Villa seiner Familie mit künstlichen Bergen, Höhlen und Tieren umgeben. Diese sind mit lauten Farben bemalt und sollen dem Besucher Szenen aus der chinesischen Geschichte und Mythologie näherbringen. Ganz nebenbei wird die Definition von Kitsch mit zahlreichen Beispielen belegt! Doppeldecker Strassenbahnen und -busse brachten uns später nach Aberdeen. Wir genossen die Achterbahnfahrt in der ersten Reihe im oberen Deck mit Blick auf die kleinen Inseln um Hong Kong. Der Reiseführer versprach uns Junks (traditionelle chinesische Segelboote) im Hafen von Aberdeen. Leider gehören diese romantischen Boote zu vergangenen Zeiten. Mehrere ältere Damen verfolgten uns aber entlang der Promenade und boten eine Hafenfahrt im antiken Motorboot an. Wie entschieden uns schliesslich für eine lächelnde Steuerfrau, welche uns durch die Reihen der hölzernen Fischerboote schipperte. Diese grösseren Boote dienen gleichzeitig als Wohnstätte für die gesamte Familie, welche im primitiven Wohn-, Schlaf- und Speisezimmer beim Essen sass. Wir speissten weitaus luxuriöser im grössten schwimmenden Restaurant der Welt.
Der Reiseführer schlug ausserdem den Besuch eines restaurierten, von Mauern eingeschlossenen Dorfes vor. Diese Art von abgeschlossener Gemeinde gehört zu den traditionellen Bauwerken des alten China. Unser Hotelmanager schickte uns zu einem dieser Dörfer in seiner Wohngegend. Allerdings war dieses noch bewohnt und dem Zusammenbruch nahe. Die Einwohner leben in winzigen, feuchten Zimmern ohne Toilette und fliessendem Wasser. Wir fühlten uns sofort fehl am Platz und verbrachten den Rest des Tages mit Besichtigungen verschiedener Buddhist Tempel. Die Tempel erhalten die entsprechende finanzielle Unterstützung. Die Dächer sind mit glasierten Ziegeln gedeckt, leuchtende Farben verzieren die Decken und Torbalken. Prächtige Buddhafiguren, meist überdimensional, sitzen lächelnd auf ihrem reich verzierten Thron. Die Gläubiger bringen Opfergaben und ganze Büschel von Räucherstäbchen (Bild rechts).
Die Wolkendecke blieb hartnäckig über dem Smog hängen. Wir nutzten die kurzzeitige Auflockerung am späten Nachmittag, um den Aussichtspunkt The Peak zu besuchen. Man kann den steilen Aufstieg zu Fuss oder mit einer Standseilbahn bewältigen. Wir entschieden uns für die kraftsparende Version, da uns die Aussicht auf das Lichtermeer ohnehin den Atem raubte.
Nach nochmaligem Studium des Reiseführers entdeckten wir dann doch den Standort des restaurierten Mauerdorfes. Das 150 Jahre alte Dorf wird von einer hohen Mauer umgeben und beinhaltet ca. 30 kleine Räume, eine Gebetshalle und weitere Gesellschaftsräume. Originale Möbel und Haushaltutensilien, Zeichnungen und ausführliche Beschreibungen erlaubten uns, das Leben in dieser Gemeinschaft nachzuvollziehen. Diese Dörfer wurden meist von einem Familienclan bewohnt. Allerdings schienen die weissen Wände und romantischen Einrichtungen wenig der Realität des heutigen Lebens in solchen Dörfern zu entsprechen.
Eine längere Busfahrt brachte uns in die Berge der Lantau Insel. Dort befinden sich der Giant Buddha (Bild links unten, eine 26 m hohe Bronzefigur) und das Po Lin Kloster (Bild rechts). Die erstaunlichen Baudenkmäler werden leider von hässlichen Souvenier- und Verpflegungsständen belagert. Selbst im grossen Buddha befindet sich ein Restaurant. Die hohen Gipfel auf Lantau steckten leider in dicken Wolken. Eine Wanderung zum Lantau Peak hätte sich nicht gelohnt.
Dafür fuhren wir bergab zum Fischerdorf Tao, einer kleinen, recht schmutzigen Ansiedlung mit einzigartiger Architektur:
Die zweite "Fasade" dieser Hütten mit dem Eingang zur Dorfstrasse sind vollständig mit Wellblech verkleidet. Die winzigen, aufeinandergestapelten Räume scheinen auf wackligen Beinen zu stehen. Die Kanäle dienen als Bootparkplatz und universale Müllhalde. Die Lebensbedingungen in Asien erinnerten uns ständig an den Luxus und die Sauberkeit in unserem Leben. Und wer dies nicht zu schätzen weiss, sollte für einen Monat in diesen Umständen leben. Allerdings scheinen die Leute in Asien nicht unzufrieden mit ihrer Situation. Wir sind nirgendwo einem verbitterten oder aggressiven Blick begegnet.
Während Bill sich der Websiteschriftstellerei widmete, verbrachten Chris und ich einen weiteren Tag down town. Wir fuhren noch einmal mit der langen Rolltreppe und liefen dann durch die sich windenden Strassen zur Cat Street. Die Strassen und Gassen dieses alten Viertels ähneln einem Flohmarkt. Neben winzigen, mit altem Kram überfüllten Geschäften und edlen Antikhändlern bieten Strassenhändler unechte Antiksouveniers an. Wir wurden immer wieder zum Kauf aufgefordert. Zahllose "aktive" Räucherspiralen hingen von den Decken zwei kleiner, alter Tempel. In einem feinen Teegeschäft setzten wir uns nieder für eine entspannende Teezeremonie, welche wir nach dem Vorzeigen selbst praktizierten. Wir genossen die Benutzung der feinen Keramik sowie den Duft und Geschmack des exotischen Blütentees. Ein schmackhaftes Abendessen im imposanten Messezentrum beschloss den Damentag und unsere Zeit in Hong Kong.
Nach acht Tagen verliessen wir gern die schmutizge Luft, den hupenden Verkehr, die hetzenden Menschen, die unangenehmen Gerüche, das verrückte Leben dieser übervölkerten Stadt. Doch faszinierende Erinnerungen bleiben erhalten: Glanzleistungen moderner Architektur; grenzenlose Einkaufsmöglichkeiten; mysteriöse, farbenfrohe Tempel; die aufregende Geschäftigkeit der Strassenmärkte; bemerkenswerte chinesische Kunst und Geschichte. Eine rundum gelungener Einführungskurs zum Leben in Asien!